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Geschriebenes
Körperspiele
Wenn es um das „Erwachen in die Realität“ im Sinne der Advaita-Philosophie geht, so ist der erste Schritt: „Ich bin nicht der Körper“.
Der tiefen Bedeutung dieses ersten Punkts wird fast immer zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sucher sagen schnell, dass ihnen das schon völlig klar ist, doch wenn man genauer hinhört, so beginnt bereits der nachfolgende Satz mit „Ich habe dieses oder jenes Problem“, oder ähnlich. Und dann werden all die Dinge geäußerst, die man eigentlich nur haben kann, solange man glaubt, der Körper zu sein.
Wenn ich also nicht der Körper bin (was immer ich dann sein könnte, spielt hier noch keine Rolle), was gehen mich dann seine Probleme an? Zugegeben, an dieser Stelle ist es noch lange nicht möglich, sich vollständig als „Nicht-Körper“ zu sehen oder zu verstehen. Dennoch muss die Überzeugung, nicht der Körper zu sein, enorm sein. Andernfalls ist kein Fortkommen denkbar.
Die Überzeugung, nicht der Körper zu sein, sollte man sich Tag und Nacht und in jeder Minute vor Augen halten, bis eine innere Gewissheit entsteht, die gar nichts anderes mehr zulässt, als dass man nicht der Körper ist oder sein kann.
Wenn du beispielsweise am Morgen aufwachst, so erscheint nicht nur dieser Körper, für den du dich gerade hältst, sondern ebenfalls ein vollständiges Weltbild. Es ist noch nie vorgekommen und es wird nie vorkommen, dass du aufwachst, die Welt aber fehlt. „Ja, wo ist sie denn heute? Hat sie heut‘ keine Lust zum Erscheinen?“ Ebensowenig wirst du beim Aufwachen, dann, wenn die Welt erscheint, immer mit erscheinen. „Ja, wo hab ich den Fleischklopps denn gestern wieder stehen lassen?“, wird ebenfalls nicht geschehen. Ebenso verschwindet die Welt immer mit dir, wenn du einschläfst. Ist dir das schon einmal bewusst aufgefallen? Nie erscheinst du ohne deine Begleitung (die Welt). Immer rückst du mit einem gesamten Weltbild an und tritts mit ihm wieder ab. Ist es dir noch nie in den Sinn gekommen, dass du vielleicht etwas anderes als der Körper sein könntest? Das oder der, dem das ganze Weltbild erscheint vielleicht! Könnte das Weltbild, so wie es dir erscheint, vielleicht nur das deine sein? Bloß, wer müsstest oder könntest du dann sein?
Wem immer die Welt am Morgen erscheint (dir), der müsste eigentlich schon vorher da sein, wie sonst könnte wem was erscheinen? Das kann doch unmöglich eine Figur (ein Körper) innerhalb des erschienenen Weltbilds sein. Wer immer du also bist oder sein könntest – der im Weltbild mit erscheinende Körper wohl kaum.
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© Hermann R. Lehner • nisarga.de