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Geschriebenes
Wie in der Geisterbahn …
„Hingabe an den Guru“ – das Thema des letzten Newsletters – ist für viele Sucher, gerade in unseren Breitengraden, schwer zu schlucken. Die Abneigung gegen Worte wie „Hingabe“ und „zu Füßen von …“ ist weit verbreitet. Doch betrachten wir diesen wichtigen Punkt einmal etwas nüchterner.
Stell dir ein kleines Kind vor. Papa, Onkels, Tanten, Omas, Opas etc. und andere haben ihm gesagt, dass es böse und gute Geister gäbe, und wenn es nicht brav aufisst oder nicht folgt, die bösen dann zu ihm kommen und es holen werden usw. Untermalt werden solche Aussagen dann gerne noch mit furchterregenden Grimassen und anderen einprägsamen Gesten. Das Kind wird es glauben müssen. Wenn dieses Kind nun in eine Geisterbahn kommt, wird es nicht nur vor den plötzlich aus der Dunkelheit erscheinenden Geistern erschrecken, es wird auch Angst bekommen.
Wenn seine Mama dann versucht, das Kind zu beruhigen und ihm immer wieder versichert, das es keine echten Geister gibt, dass die Geister in der Geisterbahn nur Attrappen sind, die einem nichts tun, dann sollte es nach und nach passieren, dass das Kind seine Angst verliert, anschließend vielleicht sogar gerne Geisterbahn fährt und über sein eigenes Erschrecken lachen wird. Das geschieht, weil das Vertrauen – sozusagen die „Hingabe“ – an Mamas Worte ihre Wirkung zeigen. Das Kind vertraut Mama mehr, als den vorherigen Aussagen anderer.
Wenn du nachts träumst, so kannst du das während des Träumens nicht erkennen. Du hast normalerweise keine Möglichkeit, es anders zu sehen. Jeder Traum wirkt echt. Nur in jenen Fällen, in denen du hier aufwachst, während der Traum noch nicht verblasst ist, kannst su sagen, dass du geträumst hast – danach also.
Dieses vermeintliche Leben hier ist auch nichts anderes als ein langer Traum. Und auch hier hast du auf „normale Weise“ keine Möglichkeit, es erfahren zu können. Viele Sucher sagen mir, dass sie ja immer noch nicht erkannt haben, dass sie nur träumen. Und ich kann nur antworten, dass, wenn sie darauf warten, sie es auch in den nächsten eintausend Jahren nicht erkennen werden. Es wird nicht passieren, solange man sich in einem Traum befindet. Dazu muss man den Traum erst verlassen. Man kann ihn verlassen …
Im Gegensatz zum nächtlichen Traum verfügt der „wache“ Mensch über die Fähigkeit der Unterscheidung (Intellekt), die es ihm ermöglicht, über den Verstand hinaus zu gehen und damit diesen Traum zu verlassen und zu erkennen. Doch das geschieht nicht im Verstand, obwohl wir anfänglich das Denken benutzen müssen, um den Weg gehen zu können.
Der Verstand, das Denken sagt: „All das hier ist echt, ist wahr – die Geister sind echt“. Der Meister sagt dir: „All das hier ist nicht wahr, es ist nur ein Traum, ein Trugbild, Täuschung, Maya – deine Geister sind Attrappen“.
Wem wirst du folgen? Denen die sagen, dass die Welt echt ist, dass die Geister echt sind? Deinen eigenen falschen Gedanken, die du dir doch nur von Unwissenden ausgeborgt hast („Ich sehe und fühle es doch als echt!“), oder der Mama – dem Meister, der dir sagt, dass die Geister nicht echt sind, dass die Welt und das Leben eine Täuschung sind? Es liegt an dir, wem du mehr vertraust.
Es ist wie mit dem Kind und der Geisterbahn ... wessen Worte gibst du dich hin? Es ist deine Entscheidung.
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© Hermann R. Lehner • nisarga.de