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Geschriebenes
Geburtslos
Im Grunde ist das „Erwachen in die Realität“ nicht schwer, wäre da nicht das Problem, dass man diese Realität nicht mit Worten beschreiben und man sie sich nicht vorstellen kann. Der Verstand (das Denken, Vorstellen) kann sich keinen brauchbaren Begriff davon machen, was die Realität ist, besteht aber darauf, sich dennoch eine Vorstellung zu machen. Er kann nichts akzeptieren, was er nicht verstehen kann. Er will „Beweise“ für eine Behauptung haben und solange er die nicht bekommt, wird er immer im Zweifel über die Richtigkeit einer Aussage sein. Er wird – seiner Natur folgend – alles, was er nicht versteht oder sich selbst nicht sofort beweisen kann, anzweifeln. Selbst, wenn er sagt :“Ich glaube den Worten“, bedeutet da noch lange nicht, dass er diesen Worten auch entsprechende Taten folgen lässt.
Um in die „Realität zu erwachen“ könnte man beispielsweise nur den folgenden Worten bedingungslos folgen, egal was einem der Verstand an Zweifel anbietet:
„Verstehe, dass du der bist, der nicht geboren wurde.
Du hast einen Traum in einem Traum gesehen.“
[Saint Sri Samartha Ramdas – aus „Dasbodh“]
Bleibt man bei dieser Aussage und brütet immer wieder darüber, indem man sie nicht anzweifelt oder nach besseren Erklärungen sucht (weil man glaubt, man hätte sie nicht so recht verstanden), wird man eines Tages – absolut zweifelsfreie Annahme des Wahrheitsgehalt dieser Worte vorausgesetzt – zwangsläufig in die Realität erwachen. Die Betonung liegt hier auf „absolut zweifelsfrei“!
Die für den Verstand unsichtbare, nicht erkennbare oder greifbare Realität wird auch – mangels passender Worte – der zustandslose Zustand genannt. Es ist der Zustand, in dem du dich z. B. im Tiefschlaf befindest. Er unterscheidet sich vom Wachzustand nicht. Schließlich ist die vermeintliche Welt nur eine zeitweise gedankliche Überlagerung – traumhaft.
Wenn du in der Überzeugung bleibst, dass du diese „zustandslose“ Realität bist (wobei tatsächlich jegliches Persönliches oder Getrenntes – wie „Ich“ und „Du“ – hier gar nicht vorhanden ist) – auch jetzt – und in diesem zustandlosen Zustand „bleibst“, dann hörst du auf, dich mit dem Körper mit Hirn in einer vermeintlichen Welt und all den dazugehörigen Aktivitäten zu verwechseln. Früher oder später wird alles ganz von selbst „klar“! Verstandesmäßiges Verstehen wird hierbei nicht geschehen – es wird sich zudem als völlig überflüssig herausstellen.
Alle weiteren Anstrengungen und Überlegungen, die du jetzt noch machst, nachdem du das gelesen hast, sind nichts anderes, als dass dein Verstand es nicht zu 100 % akzeptieren kann oder/und du meinst, du müsstest noch weitere Erklärungen bekommen. Doch das ist nicht notwendig und führt zu keinem schnelleren Ergebnis. Wenn, dann passiert das nur, weil dein Verstand die Zweifel über den tiefen Wahrheitsgehalt dieser Worte nicht losbekommt und sich weiter für ihn akzeptable Vorstellungen macht.
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© Hermann R. Lehner • nisarga.de