
- nisarga.de
- Geschreibsel
- Geschreibsel anzeigen
Geschriebenes
Quellenfreuden
Ein vereinfachter, fiktiver Vergleich: Nimm einen Fluss und verfolge ihn zurück zur Quelle. Je weiter du zurückgehst, desto kleiner wird das Gewässer – der Fluss wird zum Bach, der Bach zu einem Rinnsal, das Rinnsal zu einem ersten Tropfen. Die Quelle dessen aber ist (in diesem bildlichen Vergleich) nicht dieser erste Tropfen, sondern der Punkt vor dem Tropfen, dort wo noch nichts zu sein scheint. Die reine Quelle hat noch keine Merkmale, anhand derer man etwas definieren könnte.
Die Welt und das Leben – alles Erschienene – sind wie dieser Fluss. Sie entspringen einer Quelle, die selbst keinerlei Merkmale besitzt. Sie ist quasi jenseits der Leere und bleibt für den Verstand völlig unbekannt und unentdeckt. Dennoch ist sie deine wahre, ewige Natur.
Wenn du alles, was erschienen ist – incl. der Leere dahinter – als Teil des Flusses, vergänglich und somit als nicht real anerkennen und begreifen kannst, so kannst du die Quelle – deine wahre Natur – „erfassen“. Sie ist subtiler als der Raum (subtiler als die Leere), jenseits jeglicher Begriffe wie Raum und Zeit, Sein und Nicht-Sein, sie ist ewig und unantastbar.
Für den Verstand (Denken, Vorstellung) ist beim Erreichen der Leere Schluss. Er kann nicht weiter eindringen. Man muss den Mut haben, ohne den Verstand darüber hinauszugehen, was bedeutet, dass man die Welt und die Leere dahinter gewissermaßen „vergessen“ muss. Beide sind nicht permanent, beide sind nicht wahr. Für den Verstand fühlt sich das wie der Tod an, und so vermeiden es nahezu alle, diesen Schritt zu gehen. Doch was dann folgt, darüber gibt es keine Worte.
________________________________
© Hermann R. Lehner • nisarga.de